Schwierigkeitsgrad Theorieprüfung  Hochseeschein

Die Theorieprüfung bei der Erlangung des Hochseescheins beinhaltet einige typische Problemstellungen, welche in der Regel von vielen Lernenden nicht sofort verstanden werden. Die Aufgabenbereiche an der theoretischen Hochseeprüfung haben unterschiedliche Schwierigkeitsgrade (Fachlich: verschiedene Taxonomie-Stufen).

 

 

Hochsee-Prüfungsaufgaben mit Wissensabfrage

(Taxonomie 2)

  • Navigation, Schiffsführung,
  • Seemannschaft,
  • Meteorologie,
  • Rechtsfragen und
  • Medizin an Bord

 

Hochsee-Prüfungsaufgaben mit Anwendungsabfrage

(Taxonomie 3-5)

  • Gezeiten und
  • Kartennavigation

Diese letzte Gruppe verlangt eine wesentlich höhere Kompetenzstufe. Hier werden für den Hochseeschein Handlungskompetenzen verlangt, also das selbständige Anwenden / Umsetzen und nicht nur die einfachere Wissensabfrage. Deshalb machen diese Aufgaben mehr Mühe als die Themen der ersten Gruppe.

 

In den folgenden Abschnitten, erklären wir, wie die typischen Stolpersteine der theoretischen Hochseeprüfung zu meistern sind. Die Prüfung beinhaltet 18 Kartenaufgaben und 4 Gezeitenaufgaben. Nicht alle Aufgaben sind Knacknüsse. So beschränken wir uns hier nur auf die eher schwierigen Prüfungsaufgaben.

Ab hier zeigen wir einige typische Kartenaufgaben, wie sie an der Prüfung zum Hochseeschein vorkommen könnten. Damit können Sie den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben besser abschätzen:

 

 

Beispiele von Prüfungsaufgaben

Bestimmung des Abstandes zu einem Objekt mittels Radarpeilung (Aufgabe Typ 1)

Ein Schiff mit Radaranlage erkennt Objekte in Bezug auf seine Fahrtrichtung (Kielkurs oder rechtweisender Kurs, rwK). Ein Beispiel: Wenn ein Schiff mit einem rwk von 120 Grad unterwegs ist, und es erkennt mit dem Radar ein Objekt auf 30 Grad (blauer Pfeil im Bild unten), dann hat es eine Radarpeilung von 270 Grad.

Wie wird das berechnet?
rechtweisender Kurs (rwK) + Radarpeilung = Richtung des Objekts auf der Karte
Beispiel: 120 Grad (rwK) + 270 Grad Peilung = 390 Grad – 360 = 30 Grad

Anmerkung: Radarpeilungen sind frei von Missweisung und Ablenkung!

Beispiel einer Prüfungsaufgabe:
Sie befinden sich wenige Bootslängen von der befeuerten Kardinalstonne  West “Le Videcoq” entfernt. Sie fahren in Richtung Saint Malo. Ihr Kielkurs beträgt 260 Grad. Nach einer Stunde Fahrt mit ca. 9 Knoten machen Sie eine Radarpeilung auf das Leuchtfeuer “Le Herpin”. Das Radar gibt das Objekt auf 235 Grad an. Das Leuchtfeuer ist laut Radar 3.6 sm entfernt. Wind und Strömung können vernachlässigt werden.
Frage: Wie lautet der Kurs über Grund (KüG) und wieviel betrug der Passierabstand, als Sie die Leuchtfeuer querab passiert haben?

Bestimmung des Magnetkompasskurses (MgK) unter Berücksichtigung von Strom und Windabdrift (Aufgabe Typ 4)

Diese Aufgabe setzt voraus, dass man das Berechnungsschema für die Umrechnung von KüG zum MgK und umgekehrt auswendig kann. Hier als Erinnerung nochmals das gesamte Schema:

Beispiel einer Prüfungsaufgabe:

Um nicht nochmals auf der Karte zu suchen, befinden wir uns wieder am gleichen Ort wie bei der letzten Aufgabe, also bei der Kardinalstonne West “Le Videcoq“. Unsere exakte Position ist 2 sm nördlich dieser Tonne. Sie wollen in den Hafen von Granville fahren. Die Fahrt durchs Wasser beträgt 3 Knoten. Der Wind kommt von 200 Grad. Sie schätzen den Abdrift auf 5 Grad. Laut der Strömungstabelle aus dieser Gegend müssen Sie mit einem Strom von 320 Grad und einer Stärke von 2 Knoten rechnen.
Frage: Welchen Magnetkompasskurs müssen Sie steuern?

Bestimmung des Gezeitenstroms aus der Karte (Aufgabe Typ 6)

Beispiel einer Prüfungsfrage:

Es ist 15:00 Bordzeit. Sie befinden sich ganz in der Nähe Insel Chausey. Ihr Schiff liegt 1 Seemeile südlich des Leuchtfeuers auf “Grand Ile” (Leuchtfeuerkennung: FL 5s39m23M) auf Anker. Wir haben Springzeit. Das Hochwasser in Saint Malo war um 12:15.
Frage: Mit welchen Stromverhältnisse müssen Sie rechnen?

Bestimmung der Fahrt durchs Wasser (Aufgabe Typ 8)

Bei diesem Aufgabentyp kann man entweder die Formel auswendig lernen, oder die Lösung logisch herleiten. Ausserdem brauchen Sie die Meilen in Meter umzurechnen. Dazu folgende Übersicht:

Es geht bei diesem Fragetyp darum, dass Sie mit einem einfachen Mittel abschätzen können, wie schnell sie tatsächlich fahren, falls das entsprechende Instrument (Log oder GPS) ausfallen würde. Dazu werfen Sie ganz vorne beim Bug einen schwimmenden Gegenstand ins Wasser (z.B. ein Fender oder ein Stück Holz an einer Schnur). Sie messen wie lange es geht, bis der Gegenstand am Ende Ihres Schiffes angelangt ist (diese Messung heisst auch Relingslog).

Beispiel einer Prüfungsfrage:

Ihre Yacht ist 20 Meter lang. Sie messen einen Relingslog von 6 Sekunden.
Frage: Wie schnell fahren Sie? (Fahrt durchs Wasser, FdW)

Bestimmung des Am-Wind-Wendepunktes unter Berücksichtigung der Windabdrift (Aufgabe Typ 9)

Bei dieser Aufgaben kommen zwei Fachbegriffe vor, die nicht alltäglich sind, deshalb werden sie vorgängig erklärt:

Der SchlagBeim Kreuzen ist der Schlag die Strecke zwischen zwei Wenden. Man kann in kurzen Schlägen kreuzen – mit mehr Wenden – oder in langen Schlägen – mit weniger Wenden.

Steuerbordbug / Backbordbug: Dies bezeichnen die Segelstellung des Grosssegels auf einem Segelschiff.

  • Steht das Grosssegel über der Backbordseite des Schiffes, segelt es über Backbordbug. Das Grosssegel wird dabei über Backbordschoten geführt. In aller Regel kommt der Wind dabei von Steuerbord.
  • Steht das Grosssegel über der Steuerbordseite des Schiffes, segelt es über Steuerbordbug. Das Grosssegel wird dabei über Steuerbordschoten geführt. In aller Regel kommt der Wind dabei von Backbord.

Hier noch grafisch dargestellt:

Links ist die Segelstellung mit Steurbordbug dargestellt. Der Wind weht auf die Backbordseite, oder anders ausgedrückt: “Die Luv-Seite ist auf Backbord”. Das Grosssegel liegt über der Steuerbordseite des Schiffes. Rechts ist es genau umgekehrt.

Beispiel einer Prüfungsaufgabe:

Sie sind wie schon bei den oberen Prüfungsaufgaben bei der befeuerten Kardinalstonne West “Le Videcoq“. Sie wollen mit nur zwei Schlägen bis zum Leuchtfeuer “La Pierre-de-Herpin” segeln. Sie fürchten sich vor den Untiefen bei Granville und beschliessen auf Nummer sicher zu gehen. Deshalb wird Ihr erste Schlag auf Steuerbordbug sein. Der Wind kommt aus 200 Grad. Sie entscheiden sich für einen Am-Wind-Kurs von 45 Grad. Sie schätzen die Windabdrift mit 8 Grad.
Frage: Nach welcher versegelten Distanz müssen Sie wenden?

Ortsbestimmung mittels zwei Radarpeilungen und Angabe des Magnetkompass-Kurses (Aufgabe Typ 10)

Diese Aufgabe bereitet in der Regel keine grösseren Probleme. Als Repetition haben wir sie aber trotzdem hier eingefügt.

Beispiel einer Prüfungsfrage:

Sie fahren von der befeuerten Kardinalstonne West “Le Videcoq” los. Ihr GPS ist defekt. Sie brauchen eine Positionsangabe mit Hilfe des Radars. Ihr Kompasskurs beträgt 231 Grad. Mit Ihrem Radar erkennen Sie die Kardinalstonne Süd “La Cancalaise” auf der Insel Chausey. Sie erhalten eine Radarpeilung von 130 Grad. Gleichzeitig erkennen Sie mit dem Radar das Leuchtfeuer “Le Herpin” auf 242 Grad.
Frage: Wie viel beträgt die Distanz zum Leuchtfeuer “La Plate” in der Nähe von Saint Malo und welches ist die rechtweisende Peilung dazu?

 

 

Der Luftdruck

Das Wetter ist ein Zusammenspiel von Temperaturunterschiede weil auf der Erdkugel die Sonne nicht alle Stellen der Erde gleich stark erwärmt. Die Physikalischen Gesetze sind so eingestellt, dass sich diese Unterschiede angleichen wollen. Dadurch entstehen Strömungen von Luftmassen. Dabei ist der Luftdruck ein zuverlässiger Messwert, welcher auf die Dynamik der Luftmassen schliessen lässt. Der Normaldruck auf der Erdoberfläche beträgt 1013,2 Hektopascal (hPa). Auf einer Wetterkarte wird die Druckverteilung mit sogenannten Isobaren dargestellt. Die Gebiete gleichen Luftdrucks werden, ähnlich den Höhenlinien gleicher Höhe auf der Darstellung von Wanderkarten, durch Linien verbunden in 5er-Schritte:

Ein steigender oder fallender Luftdruck weist auf eine Wetteränderung hin, falls die Messung der Luftdruckunterschiede an der selben Stelle gemacht wurden. Werden Luftdruckunterschiede in Fahrt gemessen, dann kann man keine Schlüsse daraus ziehen und er braucht mehr Informationen für eine Wetterbeurteilung. Für Skipper in unseren Breitengraden ist die Drehrichtung Tief- und Hochdruckgebiete sehr relevant. Denn wenn die Skipper wissen, ob sie sich in einem Hoch- oder Tiefdruckgebiet befinden und wenn sie die Druckveränderung stündlich beobachten, dann wissen sie welche Winde zu erwarten sind, weil Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn drehen und Tiefdruckgebiete umgekehrt.

Der Wind

Die Windrichtung wird immer angegeben aus der der Wind kommt (Wind kommt aus). Es gibt mehrere Bewertungsskalen hier ein Überblick:

Wichtig für die Skipper sind die aktuellen Wind-Daten wie auch die in naher Zukunft zu erwartenden Windstärken und -richtungen. Hierzu gibt es heute moderne und hilfreiche Apps wie z.B. Windy. Hier die Windsituation in Echtzeit. Wie gut zu erkennen ist, drehen Tiefdruckgebiete (gekennzeichnet mit “L”) im Gegenuhrzeigersinn und Hochdruckgebiete (“H”) umgekehrt.

Live-Bild: