Grundlagen Hochseeschein Schweiz

Lernthemen Hochseeschein Schweiz

 

 

Die Mercator-Projektion

Eine Seekarte ist der Versuch, ein kugelförmiges Objekt wie unsere Erde, auf ein flaches, zweidimensionales Objekt, wie eben eine Seekarte, darzustellen. Dabei gehen wir Kompromisse in Bezug auf die reale Form, Richtung oder Grösse eines Gebiets auf der Erde ein. Eine gute Erklärung zu diesem Thema finden Sie hier.

Wir projizieren die Konturen der Kontinente von einer “gedachten” Mitte der Erde auf einen Zylinder:

Mercator Projektion

Danach schneiden wir den Zylinder bei der Datumsgrenze (in der Nähe von Hawaii) auf und drücken den Zylinder flach. So erhalten wir eine geografische Repräsentation der Landmassen auf der Kugel Erde, die aber “verzogen” sind, wegen der Projektion. Siehe hier.


 

 

Die Missweisung

Mercator hatte wohlweislich die Rotationsachse der Erde als Referenzpunkt für den Nord- und Südpol ausgedacht. Hätte er den magnetischen Nord- und Südpol dafür ausgewählt, dann hätten wir jedes Jahr eine neue Seekarte erstellen müssen:

magnetischer und geografischer Nordpol

…denn der magnetische Nordpol wandert jedes Jahr weiter.

Entwicklung der Missweisung der Magnet Nordens über die Jahre

Quelle: Wikipedia

Hier mehr Details:

Allgemeine Informationen: Die Missweisung (auch Deklination genannt) beträgt bei allen Kartenaufgaben an der Hochsee-Theorieprüfung die gleiche. In der Realität ist das natürlich nicht so. Hier muss nur am Anfang gut überlegt werden, ob sich die Missweisung positiv (also mit + Zeichen) oder negativ (also mit – Zeichen) auf den zu berechnenden Kurs auswirkt. Machen wir ein Beispiel:

An der oberen Kompassrose wird die Missweisung mit dem roten Pfeil angegeben. Die Missweisung beträgt in diesem Beispiel 4 Grad. Der Pfeil ist nach Westen geneigt. Somit stellen wir eine Missweisung von 4 Grad West fest. Wie kann nun definiert werden, ob sich die Missweisung mit einem Plus oder Minus auf den Karten-Kurs auswirkt?

Antwort: Der Kompass zeigt um 4 Grad zu stark nach Westen. Nehmen wir an, dass der Karten-Norden der “richtige” und der Kompass-Norden der “falsche” Norden ist. Brauchen wir für eine Kursberechnung den Karten-Norden und nicht den Kompass-Norden, dann müssen wir diesen “Magnetkompass-Fehler” um 4 Grad zu berücksichtigen. Folgende Regel gilt:


Missweisung West

vom “falschen” Magnetkurs zum “wahren” Kartenkurs -> Vorzeichen Minus
vom “wahren” Kartenkurs zum “falschen” Magnetkurs -> Vorzeichen Plus

Missweisung Ost

vom “falschen” Magnetkurs zum “wahren” Kartenkurs -> Vorzeichen Plus
vom “wahren” Kartenkurs zum “falschen” Magnetkurs -> Vorzeichen Minus.

Wir gehen in den folgenden Prüfungsaufgaben davon aus, dass die Missweisung generell immer 5 Grad West beträgt. An der Prüfung zum Hochseeschein, wird ebenfalls für alle Aufgaben stets die selbe Missweisung vorgegeben.


Bei einer Peilung auf ein Objekt mittels Magnetkompass (z.B. einem Handpeilkompass) erhalten wir deshalb eine Richtung in Bezug auf den magnetischen Norden (Magnetic North). Die Seekarten sind aber auf den geografischen Norden (True North) ausgerichtet. Somit müssen wir diesen “Fehler”, eben die Missweisung (im Beispiel: 8 Grad West), korrigieren, damit wir auf der Karte ermitteln können, aus welcher tatsächlichen Richtung wir das gepeilt Objekt sehen:

Nautische Grundlagen: Missweisung


 

 

Die Ablenkung

(auch Deviation genannt) An der Theorieprüfung zum Hochseeschein wird eine Ablenkungstabelle vorgegeben. In der Praxis wird eine solche Tabelle entweder bereits auf dem Schiff sein, oder sie muss von Hand erstellt werden. Wichtig beim Ablesen der Tabelle an der Hochseeprüfung sind die mathematischen Rundungen, weil die Tabelle in 10-Grad-Schritte konzipiert ist. Hier ein Beispiel:

Für weitere Kursberechnungen wird der vorgegebene Kurs in dieses 10-Schritte-Schema eingepasst. Beispiele:

Magnetkompasskurs: 243 Grad -> Ablenkung -4 Grad
Missgewiesener Kurs: 316 Grad -> Ablenkung -9 Grad

Es ist für die Rundung somit nicht relevant, ob der Kurs vom Magnetkompasskurs her kommend berechnet wird oder aus der Richtung des missgewiesenen Kurses. Hier eine Darstellung für das bessere Verständnis:

Eine weitere Schwierigkeit an der Theorieprüfung zum Hochseeschein kann die Angabe des Magnetkompasskurses mit einem Handpeilkompass sein. Dieser Kompass wird über die Reling gehalten und ist somit frei von störenden Einflüssen auf die Kompassnadel, also keine Ablenkung berücksichtigen.


 

 

Die Kursumwandlung

Die Navigation ohne Hilfe von GPS bedarf einer ständigen Umwandlung zwischen Magnetkompasskurs (MgK) und Kurs über Grund (KüG). Das was im 18. und 19. Jahrhundert auch die Arbeitsteilung an Bord: Der Steuermann und der Navigator. Die Person am Steuer hatte seinen Kompass als Richtungsweisendes Instrument und der Navigator die Seekarte. Zwischen den beiden Kursrichtungen (eine auf dem Wasser auf Basis des Schiffskompasses und eine auf Basis der Karte) mussten die atmosphärischen und die technsichen Störungseinflüsse berücksichtigt werden. Wir kennen vier Störungseinflüsse:

  • Das Metall auf dem Boot welches einen Schiffskompass stört (ablenkt)
  • Der Erdmittelpunkt auf der Karte und der Nullpunkt des Magnetnordens stimmen nicht exakt überein
  • Die Windabdrift
  • Die Stromverssetzung

Berücksichtigt man diese Einflussfaktoren, so kann man von einem vorgegebenen Magnetkompasskurs in einen Kurs über Grund umrechnen (vorausgesetzt, man kennt die Grössen der Einflussfaktoren):

Die Kursumrechnung kann auch rückwärts vom KüG zum MgK durchgeführt werden, in dem man die Vorzeichen der Einflussfaktoren rückwärts rechnet. Stellen Sie sich das Schema untereinander vor, dann wird die Rechnung klar: Von oben nach unten wird so gerechnet wie die Vorzeichen stehen – von unten nach oben werden die Vorzeichen gedanklich “gedreht”:

Kursumwandlung


 

 

Die Gezeiten

Die hier dargestellte Simulation visualisiert die Gezeitenwirkung von Sonne und Mond. Die Sonne wird nicht direkt dargestellt, sondern durch ihre Lichtstrahlen symbolisiert. Da die Erdrotation für die Existenz der Gezeitenberge keine Rolle spielt, kann diese an- und abgeschaltet werden. Der Einfluss der Erdrotation zeigt sich in den Gezeitenzyklen, da die Erde unter den Gezeitenbergen “durchrotiert”.
Quelle: https://beltoforion.de/de/gezeiten/index.php


 

 

Kartennull (Chart Datum)

Eine übliche Schwierigkeit beim Arbeiten mit der Seekarte ist die richtige Interpretation der Wassertiefe. Sie sollten die Tiefe vom Wasserspiegel bis zum Meeresgrund nicht mit der Tiefenangabe auf der Karte verwechseln. Die auf Seekarten angegebenen Wassertiefen (die sogenannte Kartentiefe) sind Meterangaben ab einer angenommenen (virtuellen) Linie, dem Kartennull oder Chart Datum. Diese “gedachte” Linie geht vom schlimmstmöglichen Fall einer Ebbe aus (Lowest Astronomical Tide -> LAT). Damit die Tiefenangabe auf der Seekarte mit Sicherheit stimmt, wird die extremste Ebbe des Jahres ausgewählt und von dieser die Tiefe zum Meeresgrund gemessen. Das heisst, die meiste Zeit des Jahres wird Ihr Echolot eine grössere Tiefenangabe anzeigen, als auf der Karte angegeben. Hier einfach erklärt:

Die Kartentiefe (KT) ist die Angabe auf der Seekarte. Aber in Wahrheit haben Sie höchstwahrscheinlich an diesem Tag eine höhere Angabe auf dem Echolot Ihres Schiffes, weil Sie sich nicht in der extremsten Ebbe des Jahres befinden (LAT). Auf diese Weise haben Sie von der Wasserlinie zum Meeresgrund zusätzlich zur Kartentiefe noch eine Reserve, nämllich die aktuelle Höhe der Gezeit (HG). Die beiden Grössen HG und KT ergeben dann erst die tatsächliche Wassertiefe (WT).


 

 

Trockenfallende Stellen auf der Karte

Kartentiefen werden in Meter und mit positivem Vorzeichen angegeben. Die Kartentiefe ist die Strecke vom Kartennull bis zum Meeresgrund. Nun gibt es Stellen des Meersgrundes, welche je nach Höhe der Gezeit einmal im Wasser liegen und einmal nicht. Solche Bereiche des Meeresgrundes nennt man Trockenfallende Stellen (siehe Bild unten). Konsequenterweise muss eine solche Stelle ebenfalls eine Meterangabe haben – diesmal aber mit umgekehrten Vorzeichen, also Minus. Beispiel: Eine flache Küste kann während Flut 2 Meter unter Wasser liegen und Sie kommen mit Ihrer Yacht mit 1.2 Meter Tiefgang durch. Während Ebbe liegt die Stelle aber 1.4 Meter über dem Wasserspiegel, also trocken-fallend. Auf der Seekarte wäre eine solche Stelle mit unterstrichener Zahl (siehe Seekarte unten).

Beispiel eines trockenfallenden Hafens:


 

 

Umrechnung Grad in Dezimalzahlen

Die Positionsangaben auf den Seekarten sind mit Minuten und Sekunden angegeben. Es sind nicht Zeitangaben, sondern Bogenminuten und Bogensekunden. Die genaue Positionsangabe für St. Helier lautet beispielsweise:

Die GPS-Systeme an Bord geben die Positionen aber in Dezimalform an. Wie kann nun von den Bogengraden in die Dezimalform umgerechnet werden? Bei den Kartenaufgaben geht es oft darum, die Position von der Karte oder auf die Karte zu übertragen. Dabei spielen die Sekunden eine zweitrangige Rolle, denn so genau kann manuell auf der Karte nicht gearbeitet werden. Die exakte Umrechnung von der oberen Position (Längengrad) ergäbe: 49.17333 Grad. Für die Anwendung im Unterricht oder an der Hochsee-Theorieprüfung genügen die Minuten. Somit kann folgende Umrechnung eingesetzt werden:

 

 

Der LOG oder die LOGGE und der LOGFAKTOR

Ein Log oder eine Logge (war ursprünglich ein Holzstück) ist in der nautischen Navigation ein Messinstrument zur Bestimmung der Fahrt durchs Wasser (FdW). Es zeigt also die Geschwindigkeit von Wasserfahrzeugen an. Nun ist die Distanz die ein Log angibt, nicht die wahre Distanz, weil die Messung (unter dem Boot, im Wasser) durch die Strömung noch abgefälscht wird. Diese Ungenauigkeit nennt man den Log-Faktor. Will man den Logfaktor ausrechnen, dann braucht es einen “wahren”, also realen Referenzwert. Ein solcher Wert könnten zwei durch Peilung ermittelte Positionen sein, die man dann auf der Karte eintragen kann. Misst man nun die Distanz von der Karte, dann erhält man die wahre Distanz. Falls es eine Differenz zwischen wahrer Distanz (aus der Karte) und jener des Logs gibt, dann haben wir ein Logfaktor. Der berechnet sich -> Kartendistanz : Log-Distanz. Auch möglich: GPS-Distanz : Logdistanz.

Eine Umrechnung von einer Log-Distanz zur wahren Distanz wird nun einfach:

Log-Faktor x Log-Distanz.


 

 

Die Radarpeilung

Damit Sie die Radarpeilung gut verstehen, müssen wir ein wenig ausholen und erklären, wie der Radar funktioniert (sehr einfache und rudimentäre Erklärung). Er besteht hauptsächlich aus einer rotierenden Stange, an welcher zwei Sender und ein Empfänger montiert sind, und einem Darstellungsbildschirm. Die Sender an der drehenden Stange senden permanent elektromagnetische Impulse. Diese Impulse reisen in Lichtgeschwindigkeit durch die Atmosphäre. Wenn sie auf einen harten Gegenstand stossen (am besten Metall oder Stein) dann wird ein Teil der gesendeten Energie wieder zurück reflektiert, also wie ein Echo. Dieses Energie-Echo kann nun der Empfänger wieder aufnehmen und es kann die Zeit gemessen werden, welche vergangen ist, zwischen dem Senden und dem Empfangen eines bestimmten Impulses. Damit kann die Entfernung zu dem reflektierenden Objekt ermittelt werden. Weil sich die Stange dreht, kann zudem auch ermittelt werden, aus welcher Richtung, die Reflektion stammt. Weil aber der Radar nicht “weiss” wo Norden ist, muss man auf dem Bildschirm eine Null-Referenz auf dem Kreis bestimmen, welcher die Stange in Ihrer Rotation vollzieht. Diese Null-Referenz ist in unserem Fall die Kiel-Linie, also der rechtweisende Kurs (rwK). Dies wird am folgenden Bild veranschaulicht:

Möchte man nun die Beobachtung eines Objekt, welches auf dem Radar-Bildschirm erscheint auf einer Seekarte eintragen, dann muss der aktuelle Kielkurs (also rwK) zur Richtungsangabe des Radars aus der die Reflektion her kommt, addieren. In unserem oberen Beispiel steht das Boot mit rwk (Kielkurs) auf 120 Grad. Die Reflektion stammt aus 270 Grad (aus Optik des Radars, welcher als Nullpunkt die Kiellinie benutzt). Will man diese Beobachtung auf der Seekarte eintragen, dann muss der aktuelle Kielkurs (120 Grad) mit der Radarpeilung (270 Grad) addiert werden. Dies ergäbe 390 Grad. Aber unsere Welt der Navigation hört bei 360 Grad auf. Somit liegt das reflektierende Objekt auf der Seekarte bei 30 Grad.


 

 

Lineare Interpolation

Die Berechnungsmethode der linearen Interpolation wird bei der Gezeiten-Berechnung der Differenzen zwischen Standardport (Bezugsort) und Secondary Port (Anschlussort) benutzt. Es basiert darauf, dass sich die Unterschiede der Zeiten der Tiden und der Wasserstandshöhen zwischen grösseren Häfen und Nebenhäfen gleichmässig verhalten, also linear. Das ist das Selbe, als würde man einen Swimmingpool bei gleichmässigem Wasserzufluss füllen. Man kann so leicht ermitteln, welchen Wasserstand wir voraussichtlich zu einem bestimmten Zeitpunkt haben.

Beispiel: Wir füllen um 12:00 ein halbleeres Swimmingpool mit Wasser auf. Beim Start (also bei Stunde 0) haben einen Wasserstand von 1.5 Meter (war also schon Wasser drin). Wir brauchen 7 Stunden um den Pool ganz zu füllen (also bis 19:00). Am Ende werden wir einen maximalen Wasserstand von 6 Meter haben. Aufgabe: Welchen Wasserstand werden wir um 15:30 haben?


 

 

Zeitzonen

Bei der Navigation in grenznahen Gebieten wird der Skipper / die Skipperin unweigerlich der Problematik der Zeitzonen konfrontiert. Dies hat Auswirkungen auf zwei Themen:

  • Gezeitenberechnung auf Basis der Strömungstabellen auf den Seekarten
  • ETA (Expected Time of Arrival), Erwartete Ankunftszeit

An der Hochsee-Theorieprüfung haben die Prüfungsstellen (SYA und CCS) diese Problematik ausgeklammert. Aber in der Praxis sind die beiden Themen sehr wohl relevant. Hier ist eine Übersicht der weltweiten Zeitzonen:

 


 

 

Auslesen der Stromwerte aus der Seekarte

Beim konsultieren der Stromtabelle auf der Seekarte stellt sich stets die Frage, welcher Zeitraum relevant ist. Dabei ist zu beachten, dass die Zeiten der Stromstärke und Stromrichtung sich jeweils auf eine Dauer von einer halben Stunde vor und einer halben Stunde nach der angegebenen Zeit im Referenzhafen beziehen. Während dieser Zeitdauer kann davon ausgegangen werden, dass die Werte gleichbleibend sind. Hier ein Beispiel, bei dem das Hochwasser im Referenzhafen um 12:35 ist:

Stromwerte aus Seekarte

Dies ist allerdings eine statische Betrachtung. Was passiert, wenn ein Boot in Fahrt ist? Welche Werte sind relevant. Wenn es ganz genau sein soll, dann müssten für jede Stunden-Kategorie die entsprechenden Stromwerte einzeln herausgelesen und verarbeitet werden. Aber der Einfachheit wegen, wird hierfür eine Durchschnittsberechnung erstellt:

Stromwerte aus der Karte